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Sanktionen in Zusammenhang mit der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan.


Warum die obersten Taliban-Führer nicht sanktioniert werden und welche sanktionspolitischen Maßnahmen noch folgen könnten

Nach der Machtübernahme durch die Taliban in Afghanistan hat ICS Exportwirtschaft überprüft, gegen wen in der Taliban-Führung Sanktionen verhängt wurden. Dabei haben wir festgestellt, dass zwar die Gruppe selbst von den USA sanktioniert wird, nicht aber die Spitzen-Führer der Taliban: Haibatullah Akhundzada und Abdul Ghani Baradar sowie der Spitzen-Verhandlungsführer Abdul Hakim Haqqani.

Der derzeitige Anführer der Bewegung, Haibatullah Akhundzada, unterliegt derzeit keinerlei Sanktionen. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass er 2016 in seine derzeitige Funktion berufen wurde - also zu einem Zeitpunkt in dem Konflikt, als es schien, dass die Taliban keine politische Bedrohung, sondern eher aufständische Rebellen bleiben würden. Zudem sind Sanktionen gegen Personen, die das offizielle Finanzsystem nicht nutzen und keine Bankkonten haben, nur von begrenztem Nutzen.

Die USA haben weniger Sanktionen gegen die derzeitigen Taliban-Führer verhängt als Russland und die EU-Länder.

Dies ist sehr überraschend, denn die USA standen hinter dem ersten Vorstoß für Anti-Taliban-Sanktionen im Jahr 2001, der zu der bahnbrechenden UN-Resolution 1373 führte, die UN-Sanktionen gegen die Taliban und Al Qaida genehmigte.

Ironischerweise setzen die USA die UN-Sanktionen aber nicht um, obwohl sie die treibende Kraft hinter diesen Sanktionen sind. So haben die USA nie UN-Sanktionen gegen Abdul Ghani Baradar und Sher Mohammad Abbas Stanikzai verhängt, aber auch nie eigene, autonome Sanktionen verhängt. Ein Grund könnte sein, dass sie Sanktionen aufgrund der schnellen Absetzung der Taliban für unnötig hielten.


Stehen wir vor einer Sanktionsspirale?

Es gibt eine weitere mögliche Erklärung für das Fehlen von Sanktionen gegen die derzeitige Führung der Taliban, einschließlich der Mitbegründer der Bewegung, Abdul Ghani Baradar, Sher Mohammad Stanikzai und Abdul Hakim Haqqani: Alle drei gelten als Top-Unterhändler der Bewegung und standen oft mit den USA in Kontakt. Die USA verhängen im Allgemeinen keine Sanktionen gegen ihre Verhandlungspartner, um diplomatische Kommunikationskanäle offen zu halten und die Gespräche nicht in eine Sackgasse zu lenken.

Sollte sich die "Mäßigung" der Taliban als kurzlebig erweisen, werden die USA wahrscheinlich Sanktionen gegen die Führung der Gruppe verhängen, indem sie sowohl Terrorismus- als auch Menschenrechtssanktionen einsetzen und gleichzeitig Carve-outs für die humanitäre Hilfe beibehalten. Einige haben vorgeschlagen, dass das US-Außenministerium die Taliban als ausländische Terrororganisation (FTO) sanktionieren könnte.

Die Europäische Union hat den radikalislamischen Taliban Bedingungen für weitere Hilfszahlungen für Afghanistan und diplomatische Kontakte gestellt. Der EU-Einigung liegt ein deutsch-französischer Vorschlag zugrunde. Bundesaußenminister Heiko Maas kündigte an, dass unter entsprechenden Voraussetzungen auch deutsche Hilfsgelder wieder fließen könnten, die nach der Machtübernahme der Taliban eingefroren wurden.


Export-Compliance-Infrastruktur aufbauen

Nur wenige westliche Banken machten in Afghanistan Geschäfte mit hoher finanzieller Aktivität.

Die meisten Transaktionen liefen über Western Union und MoneyGram. Beide Finanzunternehmen haben nun alle Zahlungs- und Finanzdienstleistungen nach Afghanistan gestoppt.

Von den westlichen Banken, deren Finanzaktivitäten Afghanistan berührten, wickelten die meisten Überweisungen von Hilfsgeldern oder die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für internationale Unternehmen und Einzelpersonen ab, die in Afghanistan Geschäftsverbindungen unterhielten.

Mit dem Rückzug dieser Banken wird auch ein Großteil dieses Geschäfts austrocknen, da aktuell keine belastbaren Finanztransaktionskanäle vorhanden sind, die den westlichen Compliance-Standards und -Normen entsprechen.  

Der wichtigste Schritt in Bezug auf die Export-Compliance für die Privatwirtschaft besteht darin, sofort alle afghanischen Geschäfte und Transaktionen mit den jeweiligen Regulierungsbehörden auf mögliche Genehmigungstatbestände zu prüfen. Es werden wohl kurzfristig weitere Anweisungen und Richtlinien der jeweiligen Regulierungsbehörden folgen.