ERKLÄRT: CHINAS EXPORTKONTROLLEN AUF SELTENE ERDEN – UMFANG UND MECHANISMUS

Picture of Sven-Boris Brunner
Sven-Boris Brunner

WAS SIND SELTENE ERDEN – UND WAS WIRD KONTROLLIERT?

China hat im April 2025 seine Exportkontrollen verschärft – im Fokus stehen 7 von 17 seltenen Erden, insbesondere die mittel- bis schwergewichtigen Elemente, die in Schüsseltechnologien eingesetzt werden.

Dazu zählen:
– Magnete (z. B. für E-Motoren, Windkraft, Ruestung)
– Sputtering Targets (für Halbleiter und Displaytechnologie)


NEUER RECHTSRAHMEN

Mit Wirkung zum 4. April 2025 hat China die Codes 1C902 bis 1C908 in seinen ‚Catalogue of Dual-Use Items and Technologies‘ aufgenommen. Damit gelten für diese Materialien Exportgenehmigungspflichten – vergleichbar mit der EU-Dual-Use-Verordnung.


KONTROLLIERT WERDEN:

  • Reine Metalle und Legierungen (z. B. Dysprosium, Terbium, Samarium)
  • Oxide, Mischungen, Halbfabrikate (z. B. SmCo-Magnetringe)
  • Permanentmagnete und magnetische Module (NdFeB, SmCo)
  • Target-Materialien fuer Sputteringprozesse


NICHT KONTROLLIERT WERDEN:

  • Fertige elektronische Bauteile (z. B. Motoren, Lautsprecher)
  • Veredelte Funktionsstoffe wie:
  • Leuchtstoffe (Phosphors)
  • Auto-Katalysatoren
  • Keramiken und Dentalstoffe
  • Yttrium-Kristalle für Laser und Sensorik


BEDEUTUNG FUER EU/DE – WARUM DAS JETZT RELEVANT IST

1. COMPLIANCE-FALLSTRICKE

Für deutsche Export- oder Einkaufsabteilungen ist die Grenzziehung zwischen kontrollierten Vormaterialien und nicht-kontrollierten Endprodukten zentral:

  • Semi-Processed Materials (z. B. Ringe, Magnete, Sheets) unterliegen Genehmigungspflicht – auch beim Reexport.
  • Fehlerhafte Codierung (z. B. bei KN/TARIC oder EZT) kann zu Verzollungsverzögerungen oder Genehmigungswidrigkeiten führen.


2. ZOLLSPEZIFISCH

  • In der EU sind diese Codes bislang nicht 1:1 harmonisiert. Unternehmen müssen Produktklassifikationen entlang beider Systeme prüfen (China/EU).
  • Einfuhr mit chinesischem Ursprung kann bei betroffenen Materialien zoll- oder genehmigungsrelevant sein, selbst wenn sie in Drittstaaten verarbeitet wurden.

3. POLITISCHER KONTEXT

  • Chinas Kontrolle gilt auch als geopolitisches Druckmittel gegenüber den USA und der EU im Handelskonflikt.
  • Trump hat kürzlich ein ‚Seltene-Erden-Deal‘-Narrativ lanciert – doch ohne echte Entschärfung. Die operative Kontrolle bleibt in Peking.


FAZIT: WAS UNTERNEHMEN JETZT TUN SOLLTEN

  • Technische Zolltarifnummern und Dual-Use-Relevanz auf Modulebene pruefen
  • Herkunft der Vormaterialien (v. a. Magnetkomponenten) bis zur Mine rückverfolgen
  • Exportkontrollprozesse aktualisieren – ggf. durch technische Produktbewertungen (z. B. zur Differenzierung ‚Rohstoff vs. Bauteil‘)
  • Bei Weiterexport aus EU Drittstaaten Genehmigungspflichten berücksichtigen (auch transitiv, z. B. in CH, NO)

REDAKTIONELLER HINWEIS
Diese Entwicklung ist nicht nur technisch, sondern auch politisch bedeutend: China signalisiert zunehmend, dass es bereit ist, seine Rolle als Quasi-Monopolist bei seltenen Erden aktiv aussenpolitisch einzusetzen. Fuer deutsche Unternehmen bedeutet das eine neue Dimension von Rohstoff- und Technologierisiken – zwischen Exportkontrolle, Geopolitik und Lieferkettensicherheit.