Zollaussetzungen und Zollkontingente:

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Sven-Boris Brunner

**Was sich zum 1. Juli 2025 ändert – und wie Unternehmen jetzt reagieren sollten**

Für viele Unternehmen in Deutschland und Europa sind sie ein unverzichtbarer Baustein der Kalkulation: die **EU‑Zollaussetzungen und autonomen Zollkontingente (ATQ)**. Sie ermöglichen den zollfreien oder zollreduzierten Import von Rohstoffen und Vorprodukten, die in der EU nicht oder nicht ausreichend verfügbar sind.

Doch diese Vorteile sind kein Selbstläufer: Zum 1. Juli 2025 hat die EU die entsprechenden Regelungen erneut angepasst. Welche Waren künftig begünstigt sind, welche nicht mehr – und welche **konkreten Schritte jetzt nötig sind**, um Mehrkosten und Lieferengpässe zu vermeiden, lesen Sie hier.

Die gute Nachricht: Neue Begünstigungen für Chemie und Agrarstoffe

Mit der Verordnung (EU) 2025/1303 hat der Rat der EU die Liste der Zollaussetzungen aktualisiert. Gleichzeitig regelt die Verordnung (EU) 2025/1292 die Kontingente neu.

Damit bleiben zahlreiche wichtige Chemikalien, Kunststoffe und Agrarstoffe weiterhin zollfrei importierbar – für viele sogar bis Ende 2029. Neu hinzugekommen sind z. B.:

  • Phloroglucin (chemischer Grundstoff)
  • Gibberellinsäure (Pflanzenhormon)
  • spezielle Feinchemikalien für die Pharma‑ und Elektronikproduktion

Für Unternehmen in diesen Branchen eine echte Erleichterung: Rohstoffe bleiben verfügbar, ohne dass die Zollbelastung steigt.

Die schlechte Nachricht: Streichungen und neue Zölle

Gleichzeitig hat die EU einige Zollaussetzungen gestrichen – vor allem für Produkte, die mittlerweile in ausreichender Menge in der EU hergestellt werden.

Besonders betroffen sind:

  • ausgewählte Aluminiumprodukte
  • nukleartechnische Komponenten
  • Waren mit Ursprung Russland/Belarus (im Zuge der Sanktionsmaßnahmen)


Für diese Produkte greift ab 1. Juli wieder der reguläre Gemeinsame Zolltarif. Unternehmen müssen also mit höheren Kosten und möglichen Verzögerungen an der Grenze rechnen.

Warum das wichtig ist: Kontingente sind schnell ausgeschöpft

Besonders bei den **autonomen Zollkontingenten (ATQ)** ist Eile geboten: Diese gewähren nur für bestimmte Mengen einen Zollvorteil – nach dem Prinzip „first come, first served“.

In der Praxis heißt das: Die günstigeren Kontingente können bereits kurz nach Beginn des Geltungszeitraums erschöpft sein. Unternehmen, die nicht vorbereitet sind, müssen dann den vollen Zollsatz zahlen.

Was Sie jetzt tun sollten: 5 Schritte für die Praxis

Damit Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern und unerwartete Kosten vermeiden, empfehlen Experten folgende Maßnahmen:

1. Materialstämme aktualisieren

Prüfen Sie in Ihren Systemen (z. B. SAP/MM oder GTS), ob die Warentarifnummern korrekt hinterlegt sind. Spielen Sie die neuen TARIC‑Daten zum 1. Juli ein und entfernen Sie nicht mehr gültige Aussetzungskennzeichen.

2. ATQ überwachen

Kontrollieren Sie regelmäßig den Reststand der Kontingente über die EU‑Plattform oder Ihren Spediteur. Richten Sie bei Bedarf eine automatische Benachrichtigung ein.

3. Lieferverträge anpassen

Überprüfen Sie bestehende Verträge und besprechen Sie mit Ihren Lieferanten, wie steigende Zölle aufgefangen werden können. Verhandeln Sie Preisgleitklauseln, die die geänderten Bedingungen berücksichtigen.

4. Kalkulation und Budget anpassen

Passen Sie Ihre Kostenkalkulation für das zweite Halbjahr 2025 an. Berücksichtigen Sie höhere Zölle und mögliche Engpässe, falls Kontingente ausgeschöpft sind.

5. Schulung der Fachabteilungen

Bringen Sie Zoll‑, Einkaufs‑ und Logistikteams auf den aktuellen Stand: Kurze Schulungen zu den neuen Warennummern, End‑Use‑Auflagen und ATQ‑Voraussetzungen helfen, Fehler in der Abwicklung zu vermeiden.

Tipp: Strategisch planen

Gerade bei knappen Kontingenten lohnt es sich, den Bedarf zu bündeln und frühzeitig beim Broker zu platzieren. Auch eine **Fallback‑Strategie**, z. B. mit einem Lieferanten innerhalb der EU, kann sich auszahlen, wenn das Kontingent bereits ausgeschöpft ist.

Ausblick

Die EU überprüft die Aussetzungen und Kontingente regelmäßig. Die nächste Anpassung wird zum 1. Januar 2026 erwartet. Darüber hinaus bereitet die EU bereits die neue Fassung des Harmonisierten Systems für 2027 vor – mit weiteren Änderungen der Kombinierten Nomenklatur.

Es lohnt sich also, diese Themen dauerhaft im Blick zu behalten.

Fazit

Die aktuellen Änderungen zeigen einmal mehr: Wer seine Materialstämme aktuell hält, ATQ‑Reststände im Blick hat und seine Lieferketten flexibel gestaltet, kann Zollvorteile sichern und Risiken minimieren.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Weichen zu stellen – bevor es an der Grenze teuer wird.

*(c) 2025 – Dieser Beitrag darf mit Quellenangabe im Unternehmen geteilt werden. Alle Angaben ohne Gewähr; maßgeblich sind die Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU.*