Incoterms richtig nutzen und Zolltarifrisiken vermeiden

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Sven-Boris Brunner

Wie Lieferbedingungen zur strategischen Stellschraube für Zollkosten und Compliance werden

1. Einführung: Warum Incoterms mehr als Logistikbausteine sind

Fünf Jahre nach Einführung der Incoterms 2020 zeigt sich in der Praxis: In vielen Industrie- und Handelsunternehmen wird das Potenzial dieser Klauseln für das Zollmanagement nach wie vor unterschätzt – und das birgt finanzielle und rechtliche Risiken. Denn je nachdem, wer vertraglich als Importeur auftritt, können sich dramatische Unterschiede bei der Zollkostenlast und in der zollrechtlichen Verantwortung ergeben.

Vor dem Hintergrund verschärfter Zollpolitik – etwa potenziellen US-Strafzöllen oder den steigenden CO₂-Zöllen durch den EU-CBAM – ist es für Einkauf, Vertrieb, Zollverantwortliche und Management essenziell, die richtige Wahl und Anwendung der Incoterms mit dem Zollwertrecht zu verzahnen.

2. Incoterms und Zollwert: Zwei Systeme, die sauber getrennt werden müssen

Die Weltzollorganisation (WCO) mahnt: Incoterms sind kein Bestandteil des Zollrechts – sie regeln ausschließlich privatrechtlich, wann Gefahr und Kosten vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. Für Zollbehörden hingegen zählt nur der Zollwert gem. WTO-Übereinkommen, also der Transaktionswert.

Was bedeutet das praktisch?

  • Bei DDP darf der bezahlte Zoll nicht im Zollwert erscheinen.
  • Bei EXW oder FOB fehlen häufig Frachtkosten im Zollwert.
  • Pauschale Übernahmen im ERP führen zu Zollwertfehlern.

Fazit: Incoterms und Zollwert müssen getrennt betrachtet werden.

3. Typische Fehlerquellen – und wie Sie sie vermeiden

Eine internationale Umfrage von Allianz Trade 2025 zeigt: Immer mehr Kunden fordern DDP, um Risiken an Verkäufer abzugeben. Ausnahme: In den USA dominieren CIF und CFR, da dort der Importeur mehr Kontrolle behalten will.

Problem: Viele EU-Verkäufer sagen DDP zu, obwohl sie keine US-Steuernummer haben oder als Importeur dort nicht zugelassen sind.
Folge: Lieferverzögerungen, Zollverstöße und Nachverzollungen.

4. Best Practices: So machen es zukunftssichere Unternehmen richtig

  • Integriertes Vertragsmanagement: Einkauf, Vertrieb, Logistik und Zoll müssen gemeinsam Lieferbedingungen bewerten.
  • Importeurrolle prüfen: Ohne lokale Registrierung kein DDP in vielen Ländern.
  • Tarifanpassungsklauseln einbauen.
  • Zollwert-Matrix je Incoterm aufbauen.
  • Vertriebs- und Einkaufsschulungen durchführen.
  • ERP-Anpassungen für automatische Zollwertlogik einrichten.

5. Der Blick nach vorn: CBAM, Section 301 & Incoterms 2030

Der Handelskonflikt USA–EU/China ab April 2025 führt zu neuen Zöllen, CO₂-Abgaben und Risiken.
DDP-Versprechen ohne lokale Strukturen sind vor allem in den USA rechtlich problematisch.
Zukünftige Incoterms 2030 werden Themen wie digitale Lieferung und Nachhaltigkeit enthalten.

6. Fazit: Incoterms gehören ins Risikomanagement

In einer globalisierten Welt ist es entscheidend, Incoterms strategisch und rechtssicher einzusetzen. Wer unreflektiert DDP verwendet, riskiert nicht nur Kosten, sondern auch Complianceverstöße. Besonders im US-Geschäft ist Vorsicht geboten. Eine durchdachte Incoterm-Strategie schützt Marge und Lieferfähigkeit.

7. Praxisunterstützung durch Fachworkshops

Wir bieten derzeit Fachworkshops mit unseren Mandanten an, um individuell auf die jeweiligen Lieferketten und Zielmärkte einzugehen. Gemeinsam erarbeiten wir sichere und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen für Einkauf, Vertrieb und Zoll.

Wenn auch Sie Ihr Unternehmen zukunftssicher aufstellen wollen: Sprechen Sie uns gerne an. Wir beraten Sie praxisnah und lösungsorientiert.