US-Handelspolitik unter Druck: Gericht stoppt zentrale Trump-Zölle – Globale Unternehmen ziehen Konsequenzen

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Sven-Boris Brunner

Urteil des US Court of International Trade erschüttert Handelsordnung

In den Vereinigten Staaten sorgt ein weitreichendes Urteil des US Court of International Trade für politische und wirtschaftliche Erschütterungen. Mehrere Zölle, die unter Präsident Donald Trump auf Grundlage des International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) eingeführt wurden, darunter die sogenannten Fentanyl-Tarife auf Einfuhren aus China, Kanada und Mexiko, wurden von den Richtern als rechtswidrig eingestuft. Die Regierung habe laut Gericht ihre gesetzlich festgelegten Befugnisse überschritten.

Die US-Regierung legte umgehend Berufung ein. Ein Bundesberufungsgericht setzte die Entscheidung des Handelsgerichts zunächst außer Kraft, sodass die Zölle vorübergehend weiter gelten. Der Fall wird nun voraussichtlich vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten verhandelt.

Rechtlicher Wendepunkt mit politischer Brisanz

Das Urteil wirft grundlegende Fragen über das Gleichgewicht zwischen Legislative und Exekutive im Bereich der Handelspolitik auf. Der IEEPA wurde ursprünglich zur Abwehr außergewöhnlicher Bedrohungen der nationalen Sicherheit geschaffen. Dass dieser nun als Grundlage für weitreichende wirtschaftspolitische Maßnahmen wie globale Strafzölle dient, sehen mehrere US-Gerichte als Verstoß gegen die Gewaltenteilung.

Besonders brisant ist, dass der Supreme Court, der letztlich über diesen Fall entscheiden könnte, mehrheitlich mit Richtern besetzt ist, die während Trumps Amtszeit nominiert wurden. Beobachter rechnen daher mit einer potenziell zugunsten der Regierung ausfallenden Entscheidung, die die präsidentielle Macht in wirtschaftlichen Notlagen erneut erweitern könnte.

Goldman Sachs warnt: Zölle sind weiterhin möglich

Auch wenn das IEEPA eingeschränkt wurde, betont Goldman Sachs, dass ein Präsident Trump im Fall einer erneuten Amtszeit andere gesetzliche Wege nutzen könnte, um Strafzölle zu verhängen. Dazu zählen:

  • Section 232 des Trade Expansion Act – erlaubt Zölle aus Gründen der nationalen Sicherheit
  • Section 301 des Trade Act – kann gegen unfaire Handelspraktiken angewendet werden
  • Section 122 des gleichen Gesetzes – ermöglicht befristete Importzölle ohne Kongressbeteiligung

Die juristische Auseinandersetzung betrifft daher nicht die grundsätzliche Möglichkeit, Zölle zu verhängen, sondern vielmehr deren rechtliche Basis und Kontrolle.

Unternehmen reagieren mit globalen Strukturveränderungen

Unabhängig vom rechtlichen Ausgang reagieren führende Konzerne bereits mit massiven Veränderungen. Amazon verlegt seinen Hauptsitz schrittweise auf vier internationale Standorte – Dubai, Dublin, Toronto und Singapur – um sich von US-politischem Einfluss unabhängiger zu machen. Das Projekt trägt intern den Namen Silver Compass.

Auch andere Unternehmen ziehen Konsequenzen:

  • Apple verlagert einen Großteil der iPhone-Produktion nach Indien
  • Caterpillar meldet allein für das zweite Quartal 2025 einen Kostenanstieg von über 300 Millionen US-Dollar durch erhöhte Zölle
  • Boeing musste Lieferungen nach China zwischenzeitlich stoppen
  • Einzelhändler wie Best Buy, Gap und HP verringern ihre Abhängigkeit von chinesischen Zulieferern

Diese Reaktionen deuten auf einen langfristigen Strukturwandel der globalen Lieferketten hin, bei dem viele Unternehmen ihre Produktions- und Logistikstandorte breiter aufstellen, um geopolitische Risiken zu minimieren.

Handelsdaten belegen Trend

Die aktuellen Handelszahlen bestätigen die Entwicklungen. Im April 2025 erzielten die USA Zolleinnahmen in Rekordhöhe von 16 Milliarden Dollar. Gleichzeitig stiegen die Containerimporte deutlich an, offenbar als Vorsorge vor zusätzlichen Handelsbarrieren. Das Handelsdefizit der Vereinigten Staaten vergrößerte sich im ersten Quartal um über 14 Milliarden Dollar.

In Europa zeigen sich gemischte Tendenzen: Die Exporte der Eurozone stiegen insgesamt, während einzelne Mitgliedstaaten wie Italien deutliche Rückgänge im Außenhandel verzeichneten.

Empfehlungen für betroffene Unternehmen

Unternehmen, die stark im internationalen Handel engagiert sind, sollten jetzt folgende Maßnahmen erwägen:

  • Laufende Informationen der US-Zollbehörden und internationalen Handelskammern beobachten
  • Rechtliche Beratung zu bestehenden und kommenden Zollregelungen einholen
  • Produktions- und Lieferketten diversifizieren
  • Standortstrategien überdenken
  • Preis- und Kalkulationsmodelle an potenziell volatile Importkosten anpassen

Fazit

Das Urteil des US Court of International Trade markiert nicht nur einen juristischen Einschnitt, sondern einen geopolitischen Wendepunkt in der internationalen Handelspolitik. Während sich der Fall vor den höchsten Instanzen der US-Justiz fortsetzt, setzen viele Unternehmen bereits Fakten. Die kommenden Monate könnten entscheidend sein für die künftige Ordnung des Welthandels – und für die Frage, wie viel Macht einem US-Präsidenten im internationalen Wirtschaftsgefüge zusteht.

Weiterführender Link

Slip Opinion 25-66 – United States Court of International Trade (PDF)