Fünfzehn Länder Asien-Pazifiks haben beschlossen, im Jahr 2020 das umfassende regionale Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (RCEP – Regional Comprehensive Economic Partnership) zu unterzeichnen. Dies wurde auf dem jüngsten RCEP-Gipfel am 3. November 2019 in Bangkok vereinbart. Indien entschied sich dafür, dem Handelspakt nicht beizutreten. Es befürchtet, dass das Abkommen den einheimischen Produzenten schaden könnte. Nachdem die USA sich unter der Regierung von US-Präsident Donald Trump aus dem Transpacific-Partnership-Abkommen (TPP) zurückzogen, ist aus Sicht vieler asiatischer Länder die Dringlichkeit gestiegen, ein neues regionales Abkommen abzuschließen.
Die Bedeutung der RCEP
Die Verhandlungen hinsichtlich der RCEP laufen bereits seit sechs Jahren. Beteiligt sind derzeit alle zehn ASEAN-Länder und ihre fünf wichtigsten Handelspartner: Australien, China, Japan, Neuseeland und Südkorea. In diesen 15 Ländern lebt fast ein Drittel der Weltbevölkerung, die für ein Drittel der globalen Wertschöpfung sorgt. Die Wirtschaftspartnerschaft RCEP wird somit alle anderen regionalen Handelsblöcke wie die Europäische Union (EU) oder das USMCA, übertreffen. Das USMCA ist das neue unter der Trump-Regierung verhandelte Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada. Es löst das frühere NAFTA-Abkommen ab, wurde aber noch nicht ratifiziert.
Der Mega-Deal sollte ursprünglich 16 Länder umfassen, aber Indien beschloss vor kurzem, dem Handelspakt nicht beizutreten. Das Land befürchtet, dass dieser den einheimischen Produzenten schaden wird.
Stärkung des regionalen Handels in Asien
Der Freihandelspakt wurde im November 2012 in Phnom Penh, Kambodscha, von den ASEAN-Ländern initiiert, mit dem Ziel, den Handel zwischen den ASEAN-Ländern und sechs weiteren bedeutenden Ländern Asiens zu fördern.
Die sechs weiteren Länder – Australien, China, Indien, Japan, Neuseeland und Südkorea – haben bereits eigenständige Freihandelsabkommen mit der ASEAN geschlossen. Doch von einer Zusammenlegung dieser Abkommen im Rahmen der RCEP verspricht man sich neue Impulse für den regionalen Handel durch weitere Zollsenkungen und Vereinheitlichungen der Zollvorschriften und -verfahren. Zudem wird der Marktzugang erweitert, insbesondere zu den Ländern, die bislang noch keine Handelsabkommen untereinander abgeschlossen haben.
Die RCEP-Verhandlungen begannen 2013 (mit 16 Ländern, inkl. Indien). Damals waren bereits die Gespräche über einen anderen großen Handelspakt im Gange: die Transpazifische Partnerschaft oder TPP. Die Verhandlungen wurden von den USA angeführt und die TPP sollten das größte Handelsabkommen der Welt werden. Dabei wurde China ausgeschlossen.
Doch im Jahr 2017 veränderte US-Präsident Donald Trump den handelspolitischen Kurs der USA und zog sich aus der TPP zurück. Er begann verschiedenen US-Handelspartnern Strafzölle aufzuerlegen, um sie zur Aufgabe ihrer angeblich unlauteren Handelspraktiken zu zwingen.
Der immer weiter eskalierende Handelskrieg zwischen den USA und China hat vielen asiatischen Ländern geschadet. Die Nachfrage nach ihren Waren ging zurück, was das Wachstum in den betroffenen Ländern bremste. Aus Sicht der asiatischen Staaten stieg die Dringlichkeit, sich gegen den Protektionismus der USA zu wehren und sich für RCEP einzusetzen. Für China war diese Entwicklung eine willkommene Chance, dem amerikanischen Einfluss in der Region entgegenzuwirken und seinen eigenen Einfluss in der Region zu stärken.
Auswirkungen der RCEP noch ungewiss
Die RCEP konzentriert sich in erster Linie auf den Warenhandel. Grundsätzlich sollen in vielen Bereichen die bislang geltenden Zölle schrittweise gesenkt werden. Doch bislang wurden kaum Details bekanntgegeben. Der Rechtstext mit den Einzelheiten zum Handelsabkommen wird zunächst durch ein Prüfungsverfahren laufen, bevor er unterzeichnet und veröffentlicht werden kann.
Das Handelsabkommen wird den Unternehmen ermöglichen, die gleichen Waren innerhalb des Handelsblocks zu verkaufen, ohne dass bei jedem Exportziel erneut Unterlagen ausgefüllt werden müssen. Dies wird den asiatischen Produzenten helfen, ihre Produkte in der Region zu verkaufen. Zudem wird es für Unternehmen Anreize geben, Lieferketten innerhalb der Region aufzubauen, auch wenn sie die dort produzierten Waren in andere Regionen exportieren wollen. Das Abkommen soll auch Dienstleistungen betreffen und den Schutz des geistigen Eigentums.
Analysten warnen jedoch davor, dass die RCEP längst nicht den Umfang und die Qualität z.B. des Abkommens für die Transpazifische Partnerschaft (CPTPP) erreichen wird. CPTPP ist das Abkommen, das die Transpazifische Partnerschaft (TPP) nach dem Rückzug der USA ersetzte. Beteiligt sind vier ASEAN-Länder (Brunei, Malaysia, Singapur und Vietnam), Australien, Neuseeland und Japan sowie die Pazifikanrainer Chile, Kanada, Mexiko und Peru (siehe Graphik).
Im Gegensatz zur CPTPP wird die RCEP voraussichtlich nicht so viele Bereiche abdecken und auch bei der Harmonisierung der Standards nicht so weit gehen. So dürften die Zölle individuell zwischen den Ländern und nicht generell vereinbart werden. Für einige Staaten sollen sensible Themen wie die Landwirtschaft nicht angetastet werden. Es fehlen Bestimmungen zur Liberalisierung staatlicher Unternehmen oder zum Schutz von Arbeitnehmern und Umwelt.
Indien bleibt außen vor
Indiens Regierung hat sich aus der RCEP zurückgezogen, weil sie befürchtet, dass die Nachteile des Abkommens für das Land die Vorteile bei weitem übertreffen werden. In vielen Produktionsbranchen dürfte Indien weniger wettbewerbsfähig sein als andere asiatischen Länder. Das Land befürchtet, durch die Liberalisierung des Handels von billigen Importwaren (insbesondere aus China) überschwemmt zu werden, was der nationalen Industrie schaden könnte.
Für einige RCEP-Mitglieder, wie Japan, war die Teilnahme Indiens am Handelspakt nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch um ein bedeutendes Gegengewicht zu China aufzubauen, wichtig. Indien ist mit seinem riesigen Verbrauchermarkt die drittgrößte Volkswirtschaft Asiens. Doch Indiens Befürchtungen erwiesen sich als eine der größten Hürden in den jüngsten RCEP-Gesprächen.
Die Analysten der Economist Intelligence Unit (EIU) erwarten, dass die übrigen 15 Länder RCEP ohne Indien zügig in Kraft setzen werden. „Ohne Indien wird die RCEP zwar weniger bedeutend sein, aber die Umsetzung auch viel reibungsloser von statten gehen“, lautet das Urteil der EIU.